Die Untersuchung des Alltags als Praxis und Prozess, wie sie in der Empirischen Kulturwissenschaft und Europäischen Ethnologie vollzogen wird, ist mit theoretischen Haltungen verbunden. Diese müssen nicht nur in konkreten Forschungen und Forschungsmethoden reflektiert werden, sondern auch in der Verwendung zentraler Begriffe des Faches, an deren vorderster Stelle "Kultur" steht. Eine Auseinandersetzung mit den wichtigsten Kulturtheorien und Kulturtheoretiker_innen ist deshalb Voraussetzung für das weitere Studium der Europäischen Ethnologie. In diesem Seminar werden anhand von Primär- und Sekundärtexten einflussreiche Persönlichkeiten aus den Kultur- und Sozialwissenschaften und ihre zentralen Positionen als Kulturtheoretiker_innen vorgestellt und kontrastiert.

Voraussichtlich diskutiert werden u.a. Max Weber, Sigmund Freud, Hannah Arendt, Erving Goffmann, Pierre Bourdieu, Michel Foucault und Clifford Geertz. Für das Seminar müssen unterschiedliche Arbeitsaufgaben zu den diskutierten Texten abgegeben, sowie ein Input-Referat gehalten werden.


Arbeit und Leben im Postfordismus

 

Ziel dieses Seminares ist es, in Konzepte, Begriffe, Problemfelder und Forschungsansätze der Arbeitsethnografie einzuführen. Anhand der Diskussion von Fallstudien werden wir uns mit folgenden Fragen auseinandersetzen: Was ist unter dem Wandel vom Fordismus zum Postfordismus zu verstehen? Inwiefern ist die gegenwärtige Arbeitswelt von Subjektivierung, Entgrenzung und Prekarisierung und einem neuen Typus von Arbeitskraft gekennzeichnet? Welche Rolle spielen etwa projektförmige Arbeit und der Imperativ der Kreativität? Wie wirken sich die neuen Arbeitspolitiken und -formen auf die soziale Schichtung der Gesellschaft und die Genderordnungen aus? Im Zentrum stehen ein weiter Arbeitsbegriff, der Arbeit und Leben umfasst, sowie akteurszentrierte Studien und die Verbindung von Mikro- und Makroperspektiven.


Die Übung begleitet das Seminar „Das Private ist das Politische ist das Private“ auf forschungspraktische Art und Weise. Ziel ist es, bei der Entwicklung und Ausarbeitung der eigenen kleinen Forschungsprojekte, die dann in die Seminar-Hausarbeit münden, zu unterstützen. Endprodukt wird daher ein kurzes Exposé sein, das im laufenden Semester nach und nach erstellt werden soll und dann die Grundlage für die Seminararbeit darstellen kann.


In dieser Master-Übung werden wir gemeinsam jüngere Texte aus einigen wichtigen Journals des Faches diskutieren und uns auf diese Weise den rezenten Fachdiskussionen annähern. Der Übungscharakter soll durch intensive Diskussionen in Break out Sessions und im Plenum gewahrt werden. Ziel ist ein gewisser Überblick über aktuelle Fachdebatten und eine kritische Auseinandersetzung mit Fachdiskursen.

Im Tutorium werden die Inhalte und Themen des Seminars vor- und nachbereitet. Dabei stehen das Lesen und Analysieren von Quellen und Sekundärliteratur zu dem Thema im Vordergrund. Darüber hinaus dient das Tutorium auch zur Vorbereitung und Konzeptionierung der Hausarbeiten. Nicht zuletzt soll das Tutorium auch Raum für Fragen und Verständnisprobleme bieten und sich dabei nach den Wünschen und Vorstellungen der Teilnehmenden richten.

Keine Zeit zu haben zählt zu den meistgehörten Klagen unserer Gegenwartsgesellschaft. Doch warum ist das so? War das „schon immer“ so? Und was ist Zeit überhaupt - ein objektiver Parameter oder eine subjektive Größe?

Das Seminar fragt danach, wie Menschen Zeit wahrnehmen und deuten, welche Zeitgrenzen sie sich und anderen setzen und in welche Konflikte sie dadurch geraten (können). Unter Einbezug von Forschungsliteratur aus unterschiedlichen Disziplinen wird es zunächst darum gehen, die potentiellen theoretischen Zugänge, methodischen Herangehensweisen und thematischen Möglichkeiten auszuloten. Im Rahmen kleiner Feldforschungsprojekte sollen die Teilnehmer*innen dann die alltäglichen Zeitpraktiken und Zeitwahrnehmungen von Kindern und Erwachsenen und die sie umgebenden Zeitregime näher erkunden. Damit kann ein innovativer kulturwissenschaftlicher Beitrag zu der Frage geleistet werden, wie Menschen mit der (un)begrenzten Ressource Zeit umgehen.

Kindheit und Kinderkultur/en haben bislang kaum kulturwissenschaftliche Aufmerksamkeit erfahren. Insofern bietet das Seminar die Möglichkeit, empirische Pionier*innen-Arbeit zu leisten!

Durch die Inblicknahme angrenzender Disziplinen (Kindheitssoziologie, Erziehungswissenschaften…) soll zunächst der aktuelle Forschungsstand aufgearbeitet und die Methodik der Kindheitsforschung erkundet werden. Sodann gilt es, selbst forschend tätig zu werden. Dabei steht eine große Bandbreite an potentiellen Themen zur Verfügung - wie Peer-Beziehungen, Familienkindheit, Schulkindheit, Kleidungsstile, Wohnen, Religiosität, Medienverhalten, Migration, (städtische) Raumwahrnehmung…


Das Seminar widmet sich dem kultur- und sozialwissenschaftlich erforschten Zusammenhang von „Migration“ und „Biographie“. Nach einem fachhistorischen Überblick über beide Themenbereiche wird es zunächst darum gehen, die entsprechenden theoretisch-konzeptionellen Zugänge, methodischen Herangehensweisen und inhaltlich-thematischen Möglichkeiten auszuloten. Zur Veranschaulichung dienen dabei nicht nur Beispiele aus der Forschungsliteratur, sondern auch empirisches Material aus einem DFG-Projekt zur DDR-Ausreise von Familien. In eigenen kleinen Forschungsprojekten, die zur Seminararbeit ausgebaut werden können, sollen dann die Wechselwirkungen von Migration und Biographie näher erkundet werden.

Das Tutorium setzt es sich zum Ziel, die Inhalte des Seminars flankierend zu reflektieren, zu intensivieren und zu erweitern. Dem Desiderat interdisziplinären Denkens und Arbeitens folgend bieten sich dabei Exkurse in die Pädagogik an, die sich wiederum zwischen der Soziologie, Ethik und Psychologie sowie ihren Nachbardisziplinen zu verorten weiß und offen für empirisch-kulturwissenschaftliches Denken und Tätig-Sein ist. Auch den individuellen Wissens- und Erfahrungshintergründen der Teilnehmer_innen begegnet das Tutorium mit großer Offenheit und möchte einen fruchtenden Austausch ermöglichen. Ferner sollen Method(olog)ische Rekapitulationen und die Arbeit an der Fragestellung und Durchführung einer empirischen Forschung den Teilnehmer_innen dabei helfen, das Vorhaben der Hausarbeit auszuarbeiten. Nicht zuletzt ermöglicht das Tutorium einen Raum für Fragen, Verständnisprobleme und Diskussionsbedarf und richtet sich dabei gerne nach den Wünschen, Ideen und Vorstellungen der Teilnehmer_innen.


Feminismus bewegt München. Demos und Aktionen für die Rechte von Frauen* und gegen Geschlechterungleichheiten, feministische Bilder und Symbole sind nicht mehr aus dem städtischen Alltag wegzudenken. Feminismus ist zu einem präsenten Thema geworden - in Kultur, Wirtschaft und Politik, in Medien und Institutionen, aber auch in Alltagsgesprächen. Feminismus polarisiert aber auch: Vielen geht es darum, Emanzipation und Gleichberechtigung voranzutreiben. Gleichzeitig nehmen Angriffe gegen feministische Errungenschaften und Gleichstellungspolitik zu und wird versucht, feministische Praxis sowohl im Kontext von Aktivismus als auch der Wissenschaft zu diskreditieren. In diesem Lernforschungsprojekt wollen wir danach fragen, welche feministischen Bewegungen, Initiativen und Gruppen gibt es gegenwärtig in der Stadt München? Wie gestaltet sich heute ihre politische Praxis und was bedeutet Feminismus eigentlich für sie? Wie sind diese zeithistorisch sowie in einem globalen Kontext einzuordnen? Welche Kontinuitäten und Brüche lassen sich finden? Was sagen sie über gesellschaftliche Entwicklungen der Gegenwart aus?

"Die Weltgeschichte fliegt auf Eisenbahnen dahin" (Morgenblatt für gebildete Leser, 18.4.1848) - als Clemens Aloysius, Philologe und Mediziner, angesichts der politischen Umbrüche von 1848 den Lauf der Zeit mit einer Eisenbahn verglich, war diese das Schnellste, was sich der Mensch vorstellen konnte; wenn wir heute den Ausdruck "Wie die Zeit verfliegt" verwenden, denkt wohl niemand mehr an den Vergleich mit einer Zugfahrt. Die Vorstellungen von Geschwindigkeit haben sich seit dem 19. Jahrhundert verändert, die Redensart kaum. Dieser Spannungszustand zwischen Nähe und Distanz zum 21. Jahrhundert zeichnet das 19. Jahrhundert mitunter aus, betont der Historiker Jürgen Osterhammel: Es scheint uns in vielem sehr nahe und in vielem weit entfernt (Osterhammel 2016: 15).

Dieser besonderen Epoche nähern wir uns in der Lehrveranstaltung ereignis- und alltagsgeschichtlich, theoretisch, methodologisch und über Quellenarbeit an und stellen uns unter anderem die Frage: Was hat das 19. Jahrhundert mit uns zu tun und was haben wir mit dem 19. Jahrhundert zu tun? In drei Blöcken beschäftigen wir uns zuerst mit dem 19. Jahrhundert als Epoche und historische Konstruktion, nachfolgend vertiefen wir historisch-archivalische Methoden, bevor wir uns mit Quellen aus der Zeit beschäftigen. Der Fokus liegt dabei auf journalistischen Texten. Ziel der Lehrveranstaltung ist eine Vertiefung der historisch-archivalischen Methoden am Beispiel medialer Quellen aus dem 19. Jahrhundert: Wie gehen wir mit den historischen Quellen um? Wo können wir sie finden? Welches Wissen liefern uns die Quellen? Wir werfen einen kulturwissenschaftlichen Blick auf Geschichte und diskutieren, welche Bedeutung historisches Forschen in der Europäischen Ethnologie hat bzw. haben soll und welchen Beitrag wir zur Geschichtsschreibung leisten können.