Das Seminar widmet sich den Veränderungen im politischen Diskurs der späten Sowjetunion und des postsowjetischen Russlands, die mit dem Instrumentarium der klassischen, aristotelischen Rhetoriklehre untersucht werden sollen. Anhand exemplarischer Reden von Michail Gorbacëv, Boris El’cyn und Vladimir Putin werden wir Entstehung und Entwicklung von neuen Formen politischer Rhetorik in Wechselwirkung mit einem neuen politischen System durchleuchten. Nicht die (wissenschaftlich obsolete) Unterscheidung zwischen guter und schlechter Rhetorik, Dialogizität und Manipulation steht im Zentrum des Seminars; vielmehr sollen unterschiedliche Funktionsweisen politischer Rede erläutert werden, die erst durch eine strukturelle Analyse ersichtlich werden können. Dabei sollen auch mediale und performative Aspekte politischer Rhetorik berücksichtigt werden.

Gute Russischkenntnisse werden vorausgesetzt.

Mit dem Ende der Sowjetunion vor fast 30 Jahren endete auch die Vorherrschaft des sozialistischen Realismus als staatlich verordnete ästhetische Doktrin in den russischen Künsten. Zugleich begann auch eine extensive wissenschaftliche Aufarbeitung des sozialistischen Realismus, die bis heute anhält und bei der nicht so sehr Fragen der ideologischen Indoktrinierung und der Zensur, sondern vielmehr ästhetische Verfahren und kultursemiotische Aspekte im Vordergrund stehen. Daran anknüpfend bietet die Vorlesung einen Überblick über Entstehung und Entwicklung des Sozrealismus in der Sowjetunion, wobei vor allem Literatur und Film und ihre intermedialen Bezüge im Zentrum stehen sollen. Anhand bestimmter Aspekte wie der Heldenmythos oder der Personenkult soll u.a. gezeigt werden, wie Literatur und Film gemeinsam an einer antimodernistischen Ästhetik teilhatten, in der die Eindeutigkeit der Zeichen permanent angestrebt und permanent verfehlt wurde. Für die sog. „Tauwetterzeit“ nach dem Tod Stalins soll darüber hinaus die Frage erörtert werden, inwieweit die sowjetische Kunst nach 1953 sich von der Transmedialität des klassischen Sozrealismus entfernt und die semiotische Differenz zwischen den Medien stärker hervorbringt.


Russisch für Nichtslavisten II

Lehrbuch: Langenscheidt Russisch mit System von Dr. Elena Minakova-Boblest

Ab Lektion 7

ISBN 978-3-12-563133-5



Russisch für Nichtslavisten I

Lehrbuch: Langenscheidt Russisch mit System von Dr. Elena Minakova-Boblest

Lektionen 0-6

Das Seminar beschäftigt sich mit Theorie und Praxis des Abenteuers in der russischen Literatur. Schwerpunkte liegen im pikaresken Roman des 18. Jahrhunderts, in der Rezeption des westlichen Abenteuerromans im 19. Jahrhunderts, z.B. bei Dostoevskij, und vor allem in der frühsowjetischen Literatur und Literaturtheorie (Formalismus, Bachtin u.a.) der 1920er und 1930er Jahre. In dieser theoretischen und literarischen Produktion bedeutet das Abenteuer nicht so sehr ein rein auf Spannung hin ausgerichtetes Erzählen, sondern ein Erzählen, das seine eigene Gemachtheit, die Systembedingtheit von Erzählstrukturen geradezu ausstellt. Die Abenteuerliteratur offenbart elementare Bausteine des Erzählens überhaupt, was eine Art theoretische und praktische ‚Grundlagenforschung‘ über dessen Bedingungen und Möglichkeiten entstehen lässt.

Die Vorlesung will die Wechselbeziehungen zwischen Literatur und biosozialen Theorien im Russland des späten 19. Jahrhunderts untersuchen. Im Zentrum stehen die Transformationen des Degenerationsdiskurses zwischen naturalistischer Poetik und psychiatrischen Fallgeschichten, Kriminalliteratur und Kriminalanthropologie, literarischem Darwinismus und Eugenik. In dieser Perspektive offenbaren sich ungeahnte Verbindungen zwischen Wissenschaft und klassischen sowie vergessenen Autoren der russischen Literatur, von Fedor Dostevskij und Dmitrij Mamin-Sibirjak über Lev Tolstoj und Vladimir Giljarovskij bis Anton Cechov und Aleksej Svirskij.

Ausgehend von den historischen Begebenheiten der Belagerung Leningrads im Zweiten Weltkrieg untersucht das Seminar medial unterschiedliche Erzählmodelle der Blockade mit dem Ziel, eine medien-, gattungs- und epochenübergreifende Erzählgrammatik der Leningrader Belagerung heraus zu präparieren. Im Zentrum des Seminars stehen u.a. folgende Fragen: Mithilfe welcher diskursiven Strategien entstehen neue Erklärungs- und Wahrnehmungsmuster für die veränderte Stadtwirklichkeit? Lassen sich in den verschiedenen Medien strukturelle Konstanten feststellen, beispielsweise auf den Ebenen der Raum- und Zeitmodellierung, der narrativen Kohärenz oder auch hinsichtlich der Ereignishaftigkeit? Mit welchen Modellen medialer Authentisierung arbeiten die untersuchten Werke, d.h. in welchem Verhältnis stehen das Mimetische und das Antimimetische, das Faktographische und das Fiktionale zueinander?