Die Staatsbildung ist eines der ältesten
Themen der Geschichtsforschung überhaupt. Was sollte man dazu noch Neues
sagen können? Eine ganze Menge! Jüngere Forschungsansätze und –fragen
verändern auch den Blick auf 'alte' Themen und stellen sicher geglaubte
Erklärungen in Frage. So macht der globalhistorische Ansatz das
spezifisch europäische der Staatsbildung sichtbar, aber auch das, was so
einzigartig gar nicht ist. Welchen Einfluss hatten die Kolonien auf den
sich entwickelnden Staat? Durch die Erforschung der frühneuzeitlichen
Expansionen tauchen zudem Akteure auf, mit denen man bislang in der
Geschichte der Staatsbildung nicht rechnete – Handelskompanien zum
Beispiel. Waren sie Helfer oder als company-states Konkurrenten
der entstehenden Staatsgewalt? Welche Rolle spielten die Untertanen?
Eine größere als erwartet, denn Staatsbildung wird seit einigen Jahren
nicht mehr nur als top-down, sondern auch als bottom-up Prozess
verstanden. Kulturhistorische und praxeologische Ansätze rückten die
Rolle der Verwaltung und ihrer Beschäftigten in ein neues Licht. Kurz:
nach neueren Forschungen wird der Staat gemacht – und nicht
gebildet. Die Übung wird sich durch die Lektüre neuerer
Forschungsliteratur mit diesen Ansätzen auseinandersetzen, sie mit den
Klassikern zur Staatsbildung konfrontieren und dabei beide diskutieren.

- Dozentin: Susanne Friedrich