Sergio Leone ist einer der erfolgreichsten und einflussreichsten italienischen Filmregisseure des 20. Jahrhunderts. Im Unterschied zu den klassischen Filmemachern des italienischen Autorenkinos des sogenannten „Goldenen Zeitalters des italienischen Films“ in den 1950er- und 60er- Jahren wie Visconti, Fellini, Antonioni oder Pasolini hat er sich stets auf dem Boden des populären Genrefilms bewegt, so dass er eine Zwischenstellung zwischen Kunst- und Unterhaltungsfilm einnimmt. Dies erlaubt es, mit seinem Werk auch sozial- und institutionengeschichtliche Aspekte der Geschichte des italienischen Kinos in den Blick zu nehmen. Am bekanntesten wurde er als Begründer des italienischen Westernfilms, der sich in den 60er- und 70er-Jahren signifikant vom Hollywoodwestern, aber auch von den deutschen Karl May-Verfilmungen der Zeit unterscheidet. Er war allerdings als junger Regisseur ebenso an neorealistischen Klassikern des italienischen Kinos beteiligt wie an den Peplum-Filmen, den römischen Historienfilmen, die in den 50er-Jahren international die Kinosäle füllten. Der durchschlagende Erfolg seiner Dollar-Trilogie, die Clint Eastwood als Schauspieler bekannt machte und die Jugend der 60er-Jahre begeisterte, führte ihn nach Hollywood, wo er mit Once Upon a Time in the West (Spiel mir das Lied vom Tod) seinen berühmtesten Film drehte, der zugleich einen Abgesang auf das Genre darstellte. Als Produzent widmete er sich mit Erfolg ebenfalls dem in den 70er-Jahren beliebten Genre der Westernkomödie. Sein letztes großes Werk Once Upon a Time in America (Es war einmal in Amerika) mit Robert de Niro steht in der Tradition des amerikanischen Mafiafilms und bewegt sich kunstvoll in drei Zeitebenen von den 1930er-Jahren bis in die 80er-Jahre. In seiner Auseinandersetzung mit dem auch für Italien bedeutsamen Amerika-Mythos werden kulturelle Spezifika Italiens wie der Katholizismus, die Bedeutung der Thematiken von Vergänglichkeit und Tod, Liebe und Freundschaft, Männlichkeit zwischen Kraft und Intelligenz sowie ein im Kern pessimistisches Menschen- und Naturbild ablesbar, aber auch künstlerische Spezifika wie die große Bedeutung von Visualität und Musikalität, von Intermedialität, Metafiktion und Ironie, die die exemplarisch postmoderne Ästhetik seiner Filme entscheidend geprägt haben.

- Teacher: Thomas Borgstedt