Seitdem Christoph Kolumbus den Seeweg nach Indien verfehlte, haben Kaufleute ihn vor den arktischen Küsten Eurasiens suchen lassen - die legendäre Nordostpassage des 16. Jahrhunderts. Erst 1878/79 hat sie der finno-schwedische Forscher Adolf E. Nordenskjöld bewältigt; gegenwärtig wird die subpolare Direktverbindung zwischen dem nordatlantischen und dem pazifischen Wirtschaftsraum zu einem internationalen Schifffahrtsweg ausgebaut. Die Passage dauert nur noch wenige Wochen und soll, dank Klimawandel und mit Hilfe von Russlands atomgetriebener Eisbrecherflotte, in naher Zukunft ganzjährig möglich sein.
Wichtiger als für den Transitverkehr war die Seeroute allerdings schon in der Sowjetunion für die Industrialisierung, Militarisierung und Ausbeutung Sibiriens; seit dem 19. Jahrhundert diente die Westhälfte als sommerlicher Handelsweg zwischen Europa und Westsibirien; schon im 18. Jahrhundert haben Wissenschaftler die arktischen Küsten Russlands vermessen; und im 17. Jahrhundert nutzten die russischen Eroberer Sibiriens Abschnitte des Polarmeers als Querverbindung.
Das Seminar analysiert die Nordostpassage nicht allein als westeuropäische Seefahrerlegende, sondern als Seegebiet vor der Nordküste Russlands. Neben den wirtschaftlichen und militärischen Funktionen des Seewegs steht seine umweltgeschichtliche und kulturelle Bedeutung im Mittelpunkt. Die Veranstaltung dient zugleich als Einführung in die Geschichte Russlands aus einer arktischen und maritimen Perspektive.

- Docente: Marian Lüth
- Docente: Andreas Renner