Bei
dem Versuch, etwas über die Vergangenheit zu erfahren, sind wir besonders im
Mittelalter meistens auf schriftliche Quellen angewiesen. Solche Texte wurden nicht
ohne Grund angefertigt – vielmehr diente und dient Schriftlichkeit stets einem
bestimmten Zweck. In der Forschung wurde diese Tatsache allerdings lange Zeit
nicht ausreichend gewürdigt, sodass die Geschichtsschreiber des Mittelalters
als oftmals einzige Quellen zu den von ihnen erzählten Geschehnissen eine
unwidersprochene Autorität besaßen. In den letzten Jahrzehnten hat sich unter
dem Schlagwort der pragmatischen
Schriftlichkeit ein Wandel in der Forschung eingestellt: Die
Darstellungsabsichten von Autoren werden nun genauer als zuvor unter die Lupe
genommen. Dieser Prozess wirft immer wieder neue Fragen auf und eröffnet
bislang ungeahnte Erkenntnismöglichkeiten. Wir werden uns in der Übung anhand
einschlägiger Beispiele mit der Entwicklung der Forschungsdiskussion zur
pragmatischen Schriftlichkeit befassen und die zunehmend vielfältigen
Fragestellungen und Probleme kennenlernen, mit denen wir bei der Beschäftigung
mit unseren wichtigsten Quellen konfrontiert werden.
- المعلم: Stephan Pongratz