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Literatur und Geschichte sind eng miteinander verbunden: insbesondere scheint eine der grundlegenden Funktionen und Möglichkeiten von Erzählliteratur die Bewahrung und Deutung von vergangenen Ereignissen, Epochen und Personen zu sein. Die Kategorien von imaginativer Fiktionalität einerseits und historischer Faktizität andererseits stehen dabei weniger in Konflikt miteinander; ihr Verhältnis ist vielmehr Ausdruck jener Deutungsprozesse. Dieses Verhältnis steht im Zentrum der Gattung des historischen Romans, die für die italienische Literatur nicht zuletzt in Gestalt von Alessandro Manzonis Promessi sposi bedeutsam geworden ist. 

Ist diese Gattung ein Kind des 19. Jahrhunderts und seines Erkenntnisoptimismus, so untersucht das Seminar die Beziehungen von Literatur und Geschichte anhand zweier beispielhafter Texte des 20. und 21. Jh., die sich jenseits dieser Gattung situieren, da ihnen der Zugriff auf Vergangenheit auf unterschiedliche Weise problematisch geworden ist: Tommaso Landolfis im 18. Jh. situierte Erzählung Ottavio di Saint-Vincent spannt sich auf zwischen Intertextualität und Spiel. Helena Janeczeks mit dem Premio Strega ausgezeichneter Roman La ragazza con la Leica ist eine kaleidoskopische Spurensuche nach dem Leben der 1937 im Spanischen Bürgerkrieg getöteten deutschen Fotografin Gerda Taro – der ersten Frau, die als Kriegsfotografin gearbeitet hat – und wirft aktuelle Fragen von Gender, Migration und Exil auf. So zielt das Seminar darauf, wichtige Tendenzen der Gegenwartsliteratur in einem größeren theoretischen und historischen Zusammenhang zu stellen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden gebeten, sich folgende preisgünstige Ausgaben anzuschaffen:

Tommaso Landolfi, Ottavio di Saint-Vincent (1958), Milano: Adelphi, 2000.

Helena Janeczek, La ragazza con la Leica, Milano: Guanda, 2017.

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