Enrolment options

„Die unterhaltendste Fläche auf der Erde für uns ist die vom menschlichen Gesicht“, notierte seinerzeit G.C. Lichtenberg. „Das menschliche Gesicht ist eine leere Kraft, ein Todesfeld ... es sucht sich noch immer ...“ schrieb dagegen Antonin Artaud. Der (in der europäischen Kultur vorherrschenden) Vorstellung, wonach sich menschliche Identität im Gesicht und in ‚natürlicher‘ Mimik ausdrückt und als solche in Portraitmalerei oder Fotographie dargestellt bzw. vermittels der ‚Charaktermaske‘ einer Rollenfigur auf der Bühne lesbar repräsentiert werden könne, erteilte Artaud damit eine radikale Absage. – Aktuell erlangt die Frage nach der Maske bzw. Verfahren des Maskierens – als Bild-Praxis des Gesichts – auf den Bühnen und darüber hinaus abermals eine neue, andere Relevanz: man denke an Susanne Kennedys Arbeiten an den Münchner Kammerspielen Warum läuft Herr R. Amok?, Drei Schwestern oder Oracle, an Inszenierungen Ersan Mondtags, an Falk Richters Corona-Stück Touch, oder an das Projekt Uncanny Valley von Stefan Kaegi / Thomas Melle, in dem als Hauptakteur ein humanoider Roboter auftrat, mit dem Gesicht Thomas Melles. Experimentell oder gar als künstlerische Forschung angelegt, setzen sich Inszenierungen heute kritisch mit visueller Kultur, Bildpraktiken und Politiken des Zeigens auseinander, mit Gender-Codes oder auch der Praxis des ‚Blackfacing‘. Oder sie untersuchen, wie z.B. der Medienkünstler Aram Bartholl, Veränderungen von Gesichtspraxis und -wahrnehmung im inzwischen alltäglichen Umgang mit Online-Kommunikationstools wie Zoom, mit Gesichtserkennung und Facefiltern, fragen, wie wir unsere Gesichter in den ‚digitalen Räumen‘ zeigen oder überhaupt, ganz basal, nach dem menschlichen Antlitz im Zeitalter des sog. Trans- bzw. Posthumanismus.

Im Seminar (Projektübung) wollen wir diesen Beobachtungen anhand von Case Studies – auch mit Gästen – und in der Diskussion ausgewählter Projektbeispiele nachgehen (eigene Vorschläge der Teilnehmer*innen sind willkommen). Die gemeinsame Auseinandersetzung mit der theaterhistorischen und kulturtheoretischen Dimension des Themenkomplexes Maskeraden / Maske (Ritual-, Theater-, Gesellschaftsmasken) ist ebenfalls Teil des Seminars.


Self enrolment (Student)