Revolutionäre Unruhen verknüpfen wir meist mit dem 19. oder frühen 20. Jahrhundert. Die Geschichte sozialer Kämpfe und Emanzipationsbewegungen beginnt aber schon wesentlich früher – so zumindest wurden und werden die kommunalen Bewegungen im hochmittelalterlichen Italien bisweilen gedeutet. Dabei errangen einige Städte im Zuge (gewaltsamer) Herrschaftsumbrüche ihre politische Autonomie. Zumindest Teile der Bevölkerung verschafften sich dadurch größere Mitspracherechte. Eines der bemerkenswertesten Beispiele für diese vielfältigen Prozesse ist die Entstehung der Römischen Kommune ab 1143/44: Die Bedeutung der Stadt für Kaiser- und Papsttum, die Universalgewalten des Mittelalters, schien eine Autonomie Roms undenkbar zu machen. Dementsprechend ist die Geschichte dieser unwahrscheinlichen Institution von heftigen Konflikten mit Päpsten, Kaisern und dem städtischen Adel gekennzeichnet.
In der Übung werden wir die turbulente Geschichte der Römischen Kommune anhand einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen kennenlernen. Besonders interessiert uns der Charakter der Unruhen: Wer waren die aufständischen Römer und was wollten sie erreichen? Welches Selbstbild pflegte die Kommune? Wie wurde sie von außen betrachtet? Handelte es sich wirklich um revolutionäres Geschehen? Dabei werden wir auch die moderne Rezeption der Ereignisse im Auge behalten, denn später meinte man in den kommunalen Bewegungen die Vorboten verschiedenster Entwicklungen entdecken zu können – vom nationalen Freiheitskampf über den kommunistischen Umsturz bis hin zu den Wurzeln der bürgerlichen Demokratie. Gegenüber solchen anachronistischen Deutungen wollen wir zu einer eigenen Einschätzung dieses faszinierenden Aspekts der römischen Stadtgeschichte kommen.
- Trainer/in: Stephan Pongratz