Die kolonialen Bestrebungen des Königreichs Frankreich waren im
Vergleich zu den Vorreitern der europäischen Expansion Portugal, Spanien
und den Niederlanden eher gering. Die moderne Forschung spricht daher
nicht von einem Kolonialreich in der Frühen Neuzeit, sondern von einem
kolonialen Raum, der von Händlern, Abenteurern und Unternehmern
erschlossen wurde. Diese richteten ihre Interessen seit dem 16.
Jahrhundert vor allem auf den Atlantik aus, der im Gegensatz zum
Indischen Ozean noch nicht von anderen Akteuren außerhalb Europas
vereinnahmt war und daher neue Chancen bot, aber auch Risiken barg.
Bislang haben französische Akteure in der Geschichte der europäischen
Expansion ein Schattendasein geführt, doch geben diese Aufschluss auf
die Entstehung der Plantagenwirtschaft, vermeintlich rechtloser Zonen
und informeller interkultureller Beziehungen mit indigenen
Gesellschaften. Der Blick jenseits staatlicher Institutionen erschließt
eine andere Dimension und zeigt den dezentralen und eher „privaten“ als
„staatlichen“ Charakter des frühen Kolonialismus.
Der Aufbaukurs thematisiert diese Welt vom 16. bis zum 18.
Jahrhundert aus Sicht einzelner Individuen, nimmt aber zugleich auch die
sozialen und ökonomischen Strukturen in den Blick, um zu zeigen, welche
Dynamiken diese frühe Phase der Globalisierung kennzeichneten. Als
Quellen dienen zumeist französische Zeugnisse, die in Teilen in
deutscher Übersetzung vorliegen. Kenntnisse des Französischen sind daher
zwar nicht zwingend, aber für eine Teilnahme durchaus von Vorteil.

- Dozent: Benjamin Steiner