Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht seit Jahren im Fokus einer fortwährenden Debatte um seinen Sinn und Zweck. So wird die Finanzierung über den Rundfunkbeitrag kritisiert, die Senderstrukturen, die über die vielen Rundfunkanstalten viele Ressourcen benötigen, aber auch die Inhalte selbst. Mit Online-Angeboten wie den Mediatheken von ARD und ZDF versucht der öffentlich-rechtliche Rundfunk nun, sich an die Medienlogik von Netflix, Prime Video & Co. anzupassen: Über Accounts bekommen die Nutzer*innen spezifische Online-Angebote, können sich individuelle Watchlisten erstellen und sind unabhängig vom linearen Angebot. Die Debatte um den Rundfunk konnte dies aber nicht einstellen.
Der Sinn und Zweck des öffentlich-rechtlichen Rundfunks obliegt den Rundfunkanstalten nach auf einem sogenannten „Public Value“, der besagt, dass Werte wie Verantwortung, Regionalität oder Teilhabe auf inhaltlicher und struktureller Ebene der Rundfunkanstalten integriert sind. Über einen Dreistufentest und regelmäßige nutzer*innenorientierte Studien versuchen ARD und ZDF, den Public Value ihrer Angebote zu evaluieren. Die Medienforschung hat dabei jedoch bisher vor allem die so zentrale Publikumsperspektive für die Bewertung von Angeboten in einem wichtigen Punkt vernachlässigt: Die Frage, was der Public Value der öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebote für das Publikum denn letztendlich ist, bleibt in weiten Teilen unbeantwortet.
Im theoretischen Teil des Seminars werden wir uns daher mit den Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland, seinen Nutzer*innen und unterschiedlichen Quantifizierungen und Herleitungen von Public Value aus kommunikationswissenschaftlicher und ökonomischer Perspektive beschäftigen. Im empirischen Teil werden wir anschießend der Frage nachgehen, was „Public Value“ für Nutzer*innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedeutet, welche konkreten Werte sich aus diesen Einstellungen ableiten lassen und wie sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk dahingehend beurteilen. Dabei werden quantitative und qualitative Befragungen von Rundfunk-Nutzer*innen im Kurs gemeinsam konzipiert und umgesetzt.

- Seminarleiter:in: Ulrike Schwertberger
- Seminarleiter:in: Julian Unkel