In einer Zeit, da selbst hochrangige Politiker „alternative Fakten“ vorschieben, um die Realität in ihrem Sinne auszulegen, ist es gerade in der Geschichtswissenschaft geboten, wieder verstärkt über den eigenen Umgang mit Fakten und Erzählungen nachzudenken. Ein relativ neuer methodischer Zugang ist die sogenannte „kontrafaktische Geschichtsschreibung“, die die berühmte Frage „Was wäre, wenn…?“ stellt. Bei ihr geht es nicht darum, unter Einbeziehung fiktiver Fakten Geschichte neu und anders zu schreiben, sondern ihre Offenheit und Zufälligkeit auszuloten. Dies führt im besten Fall zu einem gesteigerten historischen Problembewusstsein. Allerdings ist die „kontrafaktische Geschichtsschreibung“ auch durchaus umstritten, wird doch von vielen ihre Seriosität angezweifelt. In der Übung wollen wir uns ein eigenes Urteil über die Stärken und Schwächen dieses Ansatzes bilden – und zwar am Beispiel der modernen jüdischen Geschichte. Am Ende des Semesters schreiben alle Studierenden einen „kontrafaktischen Essay“ zur jüdischen Geschichte.
- Trainer/in: Philipp Lenhard