Materielle, soziale und ideologische Aspekte von Armut und Reichtum
gehören zu den relevanten Fragen heutiger wie vergangener
Gesellschaften. Das Spannungsfeld von Armut und Reichtum wurde im Laufe
des Mittelalters zu einem integralen Teil der gesellschaftlichen
Strukturen, insbesondere durch das Bevölkerungswachstum, die
Urbanisierung und die Monetarisierung. In diesem Vertiefungskurs wollen
wir uns mit einem weiten Spektrum von Erscheinungsformen und Praktiken
der Armut und des Reichtums in den spezifisch mittelalterlichen
Gegebenheiten beschäftigen. Armut war grundherrschaftlichen Strukturen
inhärent, sie wurde idealisiert, etwa im franziskanischen
Armutsgedanken, auch gab es vielfältige Versuche, soziale Problematiken
zu lösen, vor allem in der Stadt. Marginalisierung, Kriminalisierung und
Vertreibung stehen dabei neben Versuchen zur Minderung sozialer Not,
etwa in Form von Spitals- und Waisenhausgründungen,
Elendenbruderschaften, Kreditvergabe und Notpfründen. Auch sind
spezifische Formen studentischer und weiblicher Armut erkennbar. Das
Gegenstück der Armut ist der Reichtum. Seit den gesellschaftlichen
Wandlungsprozessen des Hochmittelalters – insbesondere seit dem
Aufkommen von Fernhandel und Geldwirtschaft – vergrößerte auch er sich.
Im Kurs wollen wir ergründen, unter welchen Voraussetzungen bestimmte
Personen und gesellschaftliche Gruppen reich werden konnten, was sie mit
ihrem Reichtum taten, aber auch, wie Reichtum zunehmend diskutiert
wurde und mit Bezug auf Gerechtigkeitsdenken und jenseitige
Strafvorstellungen in die Kritik geriet. Der Vertiefungskurs wird somit
einen thematisch grundierten Überblick und vielfältige Einblicke in
verschiedene Lebenszusammenhänge und Lebenswelten des Mittelalters
ermöglichen.
- Trainer/in: Tobias Daniels