Ob wissenschaftlich, literarisch oder medial, europäische Städte wurden stets als Orte beschrieben, an denen seit jeher unterschiedliche Kulturen und Religionen, Normen und Traditionen, Sprachen und Sitten aufeinandertrafen. Während die Vororte und die Provinz durch eine zusammenhängende Gemeinschaft bestimmt zu sein schienen, wurden die Städte bereits in der Vormoderne zu ersten Orten einer pluralisierten Gesellschaft mit typischer Heterogenität an Verflechtungen, Abgrenzungen und Gruppenbildungen. Eben dieser Vielfalt und deren spezifisch osteuropäischem Charakter will der Kurs nachgehen.
Im Fokus unseres Kurses steht die ukrainische Stadt L‘viv, die aufgrund geopolitischer Veränderungen unter der Herrschaft verschiedener Staaten stand und entsprechend unterschiedliche Namen trug: Lwów, Lemberg, Lemberik. Die Stadt ist seit Jahrhunderten vom Zusammenleben mehrerer Ethnien geprägt: neben einer polnischen Bevölkerungsmehrheit gab es einen großen Anteil an Juden (unser Schwerpunkt) und Ukrainern, sowie etliche weitere Minderheiten, so dass eine große Vielfalt an Ethnien, Religionen und Sprachen die Stadt von der frühen Neuzeit bis in die Gegenwart prägte. Im Fokus stehen Fragen nach kulturellen Grenzziehungen, politischen und religiösen Regulierungen aber auch nach vereinenden, identitätsstiftenden Mechanismen.
In einer longue durée-Perspektive und - wo notwendig - unter Einbeziehung weiterer Orte, soll rekonstruiert werden, was eine spezifisch osteuropäische multikulturelle Stadt ausmacht(e).
Geplant ist eine dreitägige Exkursion nach L’viv / Lemberg. Reise- und Unterkunftskosten werden übernommen (Details zur Exkursion folgen, sobald gesichert ist, dass sie tatsächlich stattfinden kann).
Der Kurs ist eine Blockveranstaltung und richtet sich an Studierende, die sich für Geschichte Osteuropas, Städtegeschichte und Jüdische Geschichte interessieren.
- Trainer/in: Iryna Klymenko
- Trainer/in: Evita Wiecki