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Religion ist in der postsäkularen Gesellschaft intensiver Gegenstand öffentlicher Debatten. Sie kann eine starke Kraft der Bereitschaft zu Dialog und Verantwortung sein. Nicht selten dient sie jedoch auch der vermeintlichen Rechtfertigung des Rückzugs in irrationale Abschottungen gegen Argumente und gegen gruppenüberschreitende Moral. Die „Verlockung des Autoritären“ (Applebaum) ist groß, weil der vielschichtige kulturelle, religiöse und ethische Pluralismus viele überfordert. Wie lässt sich die Ausbreitung des „postfaktischen“ Rückzugs auf bloße Meinungen und „Blasen“ fragmentierter Räume digitaler Öffentlichkeiten verhindern? Hat er – wie Nida-Rümelin meint– auch im „Anti-Realismus“ der gegenwärtigen Philosophie eine Ursache? Was ist der Wahrheits- und Realitätsgehalt der Ethik jenseits bloßer Konvention? Welche Rolle spielten Praxisbezug und Klugheit für ethische Rationalität? Welche Art von Allgemeingeltung kann christliche Ethik in der pluralen Öffentlichkeit beanspruchen? Was ist ihre Vernunft? Welche Relevanz haben Spiritualität und gelebter Glaube für akademische Reflexion und Wissenschaft?

Was tragen die Gesellschaftsanalysen der späten Moderne zum Verständnis des Strukturwandels von Öffentlichkeit als Rahmen für Christliche Sozialethik (CSE) bei? Welche Konsequenzen haben Modelle wie „Gesellschaft der Singularitäten“ (Reckwitz 2017), „Digitale Gesellschaft“ (Nassehi 2019) oder „Offene Gesellschaft“ (u.a. Brunnhuber 2019) für die Wahrnehmung, die Fragen und die Reichweite (katholischer) Theologie und Ethik im öffentlichen Raum? Kann das Paradigma der „Öffentlichen Theologie“, das im protestantischen Raum entstand und katholischerseits noch kaum rezipiert wurde, zu neuen attraktiven Formen der Kommunikabilität der CSE beitragen? Wie unterscheiden sich Kirche und Theologie in spätmoderner Gesellschaft von „Moralagenturen“ (Joas)? Wo sind Orte an denen Theologie in gesellschaftlichen Fragen Relevanz entfaltet? Was zeichnet den Maßstab der Relevanz aus?

Im Oberseminar des Sommersemesters soll mit vertieft Studierenden der Christlichen Sozialethik den Fragen nach unterschiedlichen Zugängen dazu nachgegangen werden, wie der Raum der Öffentlichkeit verstanden und gestaltet werden kann und wie darin Ausdrucksformen von Glaube, Religion und Theologie verankert sind. Für das Oberseminar können Beiträge aus der eigenen Schwerpunktarbeit eingebracht oder aus den hier genannten Themen gewählt und bearbeitet werden. 

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