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In der Nachkriegszeit entwickelte sich München zu einem Zentrum des osteuropäischen Exils. Gegner der kommunistischen Regime in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa fanden Zuflucht an der Isar und entwickelten hier Netzwerke. Das zog die Aufmerksamkeit der osteuropäischen Geheimdienste auf sich. Bis in die 1980er Jahre verübten diese in München zahlreiche Bomben- und Mordanschläge, von denen viele bis heute nicht aufgeklärt werden konnten. Exilanten aller politischer Couleur fielen ihnen zum Opfer: Nationalisten wie die Ukrainer Lew Rebet (1912–1957) und Stepan Bandera (1909–1959), aber auch Kommunisten wie der Prager Deutsche Wolfgang Václav Salus (1909–1953). Ein Höhepunkt der Serie war der Bombenanschlag auf den Radiosender Radio Free Europe im Jahr 1981, der acht Menschen teils schwer verletzte.

In letzter Zeit hat das öffentliche Interesse an der Mordserie und ihren politischen Auswirkungen zugenommen.[1] Der Projektkurs will dieses Kapitel des Kalten Kriegs und der Münchner Stadtgeschichte weiter im öffentlichen Bewusstsein verankern. Dafür soll ein digitaler Stadtführer als Smartphone-App und ggf. auch als Website erstellt werden, der die Tatorte und weitere relevante Schauplätze des Exils als Stadtrundgang erschließt. Zu jedem Ort werden Informationen in Form von Text, Bildern und ggf. auch Audio-Dateien zur Verfügung gestellt. Als Quellenmaterialien kommen, soweit zugänglich, zeitgenössische Presseberichte, Polizei- und Gerichtsunterlagen, Geheimdienstquellen (z. B. Open Society Archives Budapest) und Ego-Dokumente in Frage.

Ausgehend von den Kriminalfällen vermittelt der Kurs Einblicke in die breitere Geschichte des osteuropäischen Exils. Der Kurs und die App sollen beleuchten, welche Strukturen und Aktivitäten die Exilanten entwickelten, welche politischen Ziele sie verfolgten und in welchem Verhältnis diese zu den Behörden standen. Neben liberalen Dissidenten und Menschenrechtlern fanden auch ehemalige NS-Kollaborateure in München Zuflucht. Den Studierenden wird daher ein kritischer Umgang mit nationalen Opfernarrativen antikommunistischer Geschichtsschreibung in Osteuropa vermittelt. Außerdem sollen die Verflechtungen mit bundesdeutscher Erinnerungskultur herausgearbeitet werden. Die App soll dadurch einerseits Kriminal- und Geheimdienstgeschichte öffentlichkeitswirksam aufarbeiten, andererseits aber auch Kenntnisse der Verflechtungsgeschichte Münchens mit dem östlichen Europa vermitteln.



[1] Jakob Wetzel, Blutspur durch München. In: Süddeutsche Zeitung, 19.02.2021 (https://www.sueddeutsche.de/muenchen/spione-agenten-anschlaege-blutspur-durch-muenchen-1.5211141). ARD-Dokumentation „Mord in Titos Namen - Geheime Killerkommandos in Deutschland“ (2014), https://www.youtube.com/watch?v=uF9Ak1uleyw.

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