In der Lehrveranstaltung sollen kryptographische Verfahren vom Altertum bis zur Neuzeit beleuchtet werden. Zunächst werden die manuellen Kryptoverfahren aus dem Altertum, wie Skytale, Cäsar Chiffre erläutert. Es wird zwischen Transpositionschiffren und Substitutionschiffren unterschieden. Aus dem Mittelalter werden verschlüsselte Handschiften wie das Isruna-Traktat vorgestellt. Dabei werden auch frühe statistische Verfahren der Kryptoanalyse diskutiert. Mit dem Beginn der Renaissance erlebte die Kryptographie einen erheblichen Aufschwung. Die Techniken der Chiffrierscheiben und Chiffrierschieber bis zu den Saint-Cyr-Schiebern wird beschrieben. Es folgt die Erläuterung der Viginere Chiffre und dem Kasiski-Verfahren zum Brechen der Chiffre. Die Chiffren werden in die Geschichte eingeordnet und an Beispielen wie dem Babington-Komplott oder der Beale-Chiffre erläutert. Danach wird auf Maschinenchiffren wie die Machina deciphratoria bis hin zur Enigma eingegangen. Im Folgenden wird auf Computerverschlüsselung eingegangen und zwischen symmetrischen und asymmetrischen Chiffren, sowie zwischen Block- und Stromchiffren unterschieden. Kerckhoffs’ Prinzip wird erläutert und diskutiert. Angriffe auf moderne Chiffren werden dargestellt und eingeordnet. Es folgt ein Ausblick auf moderne Anwendungen der Kryptologie bis hin zur Blockchain.
Neben der Kryptographie sollen auch steganografische Verfahren beschrieben und am Beispiel gezeigt werden. Auch hier werden bekannt Beispiele aus der Geschichte gezeigt und Methoden zum Auffinden erläutert.
In den Übungen sollen die Studenten sich mit den Verfahren vertraut machen und selbst Texte dechiffrieren. Dazu soll das Crypt-Tool als Werkzeug und statistische Verfahren erlernt werden. Die Studenten sollen in die Lage versetzt werden die Sicherheit von Verfahren einzuschätzen und selbst unbekannte Kryptotexte zu untersuchen.
Prüfungsform im BA und modularisierten LA: KL
- Teacher: Christian Hummert
- Teacher: Maria Weber
Im Laufe der Frühen Neuzeit prägten Goldmacher beziehungsweise die sogenannte Goldmacherei verstärkt das Bild der Alchemie, insbesondere einige spektakuläre Betrugsfälle des 16. und 17. Jahrhunderts, trugen dazu bei, die Alchemie nachhaltig in Verruf zu bringen.
Der Goldmacher Christian Wilhelm von Krohnemann stand fast ein Jahrzehnt in Diensten des Markgrafen Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth; freilich ohne je den ersehnten Goldregen produzieren zu können, nicht aber ohne die markgräflichen Finanzen und Nerven in erheblichem Maße zu strapazieren.
Am Beginn von Krohnemanns Bayreuther Karriere, die im April 1686 mit der Hinrichtung des Goldmachers ein jähes Ende fand, stand ein der Markgräfin Sophie Louise gewidmetes Traktat mit dem Titel „Von der Universal-Tinctur“. In diesem ‚Bewerbungsschreiben‘ für den Bayreuther Hof legt Krohnemann seine Vorstellungen von der Herstellung des Steins der Weisen sowie der Transmutation unedler Stoffe in Gold dar.
Anhand dieses
alchemischen Traktats, dessen weitere Transkription, Lektüre und Interpretation
im Mittelpunkt steht, möchte die Übung einen Einblick in die Themenfelder
Alchemie und Goldmacherei bieten.
- Teacher: Katharina Beiergrößlein
Schlagworte wie „Vernunft“, „rationales Denken“ und „Reform“,
„Absolutismus“, „Souveränität“ und „Revolution“ finden sich der
Forschungsliteratur und Populärkultur zahlreich, um im „Zeitalter der
Aufklärung“ den europäischen „Beginn der Moderne“ zu verorten. Das
Seminar setzt sich vertiefend mit der Frage auseinander, wie sich dieses
europäische Phänomen in den Gesellschaften Englands, Frankreichs und
Deutschlands bilden konnte, welche Wirkmacht es entfaltete und welche
Prozesse es angestoßen hat. Besonderes Augenmerk im Seminar liegt
darauf, Aufklärung als europäisches Phänomen zu erforschen, einen
Überblick über die Entwicklungen zu gewinnen, Hauptakteure
kennenzulernen sowie die politische und gesellschaftliche Dimension der
Aufklärung näher zu charakterisieren. Anhand von Forschungsliteratur und
Quellenarbeit wird dies in Feldern wie Wissenschaft, Religion und
Kommunikation vertiefend behandelt werden.
- Teacher: Maria Weber
Die Nacht war ein ambivalentes Phänomen. Einerseits: Dunkelheit und Stille konnten sie zum Ort des Unheimlichen machen, religiöses Denken machte sie zum Ort der Transzedenz, Policeyordnungen reglementierten gesellschaftliches nächtliches Leben, um Ordnung und Sicherheit in dieser obskuren Tageszeit zu ermöglichen, Nachtwächter patroullierten durch die Gassen. Andererseits und vermehrt ab dem 17. Jahrhundert wurde die Nacht besonders durch die Höfische Gesellschaft neu funktionalisiet: Feste wurden gefeiert, Wachsamkeit propagiert, Beleuchtung ermöglichte Zusammenkünfte. Kurzum die Gesellschaft unterlag - laut Craig Koslofsky - einer "nocturnalization". Wie die Menschen des 18. Jahrhunderts, besonders die Höfische Gesellschaft, die Nacht nutzten, welche technischen Entwicklungen und politisch-gesellschaftliche Veränderungen damit einhergingen, wie sich die nocturnalization auf Raum und Zeit, Politik und Gesellschaft auswirkten untersucht das Seminar. Spezifisches Vorhaben des Seminars ist es, diese Entwicklungen in einen forschungspraktischen, methodischen Rahmen einzubinden (Schloss und spatial turn; Höfische Gesellschaft und Praktiken; Vergesellschaftungsthese usw.).
- Teacher: Maria Weber
Die kolonialen Bestrebungen des Königreichs Frankreich waren im
Vergleich zu den Vorreitern der europäischen Expansion Portugal, Spanien
und den Niederlanden eher gering. Die moderne Forschung spricht daher
nicht von einem Kolonialreich in der Frühen Neuzeit, sondern von einem
kolonialen Raum, der von Händlern, Abenteurern und Unternehmern
erschlossen wurde. Diese richteten ihre Interessen seit dem 16.
Jahrhundert vor allem auf den Atlantik aus, der im Gegensatz zum
Indischen Ozean noch nicht von anderen Akteuren außerhalb Europas
vereinnahmt war und daher neue Chancen bot, aber auch Risiken barg.
Bislang haben französische Akteure in der Geschichte der europäischen
Expansion ein Schattendasein geführt, doch geben diese Aufschluss auf
die Entstehung der Plantagenwirtschaft, vermeintlich rechtloser Zonen
und informeller interkultureller Beziehungen mit indigenen
Gesellschaften. Der Blick jenseits staatlicher Institutionen erschließt
eine andere Dimension und zeigt den dezentralen und eher „privaten“ als
„staatlichen“ Charakter des frühen Kolonialismus.
Der Aufbaukurs thematisiert diese Welt vom 16. bis zum 18.
Jahrhundert aus Sicht einzelner Individuen, nimmt aber zugleich auch die
sozialen und ökonomischen Strukturen in den Blick, um zu zeigen, welche
Dynamiken diese frühe Phase der Globalisierung kennzeichneten. Als
Quellen dienen zumeist französische Zeugnisse, die in Teilen in
deutscher Übersetzung vorliegen. Kenntnisse des Französischen sind daher
zwar nicht zwingend, aber für eine Teilnahme durchaus von Vorteil.
- Dozent: Benjamin Steiner
Die Frühe Neuzeit gilt als das Zeitalter
der europäischen Expansion, aber welche Auswirkungen hatte sie auf
Europa und die Welt? Mit den ‚Entdeckungen‘ begannen sich Kolonialreiche
zu bilden, doch was beherrschten sie? Durch freiwillige und erzwungene
Migration wurden Abertausende Menschen in Bewegung gesetzt. Was
bedeutete dies für Herkunfts- und Ankunftsregionen? Handelsnetze
überspannten beinahe alle Ozeane, doch ab wann kann man von einer
globalen Vernetzung sprechen? Missionare bereisten die Welt im Auftrag
der Kirchen, aber was erreichten sie? Welche neuen Lebensmittel landeten
auf wessen Teller und was haben indische Baumwollstoffe mit der
Industriellen Revolution zu tun? Die Fragen sind so zahlreich, wie die
Antworten auf sie komplex. Neben machtpolitischen und gesellschaftlichen
gilt es wirtschaftliche, juristische, religiöse, kommunikations- und
wissenshistorische Auswirkungen miteinander in Beziehung zu setzen. Je
nach betrachteter Region waren die Folgen des Ausgreifens der Europäer
in die Welt von unterschiedlicher Tragweite und die Prozesse, welche die
europäische Expansion auslöste, veränderten auch Europa massiv. Die
Übung wird sich durch die Lektüre neuerer Forschungsliteratur mit diesen
Fragen und den damit verbundenen Forschungsansätzen auseinandersetzen,
sie diskutieren und miteinander konfrontieren.
- Dozentin: Susanne Friedrich
Die Zeit zwischen ca. 1500 und 1800 ist uns nahe und fremd zugleich. Es war eine Zeit voller Spannung und tiefgreifenden Wandels, in der sich das Weltbild der Europäer enorm weitete, sich ihr ganzes Denken transformierte, ihre Lebensumstände umformten und sich ihr Speisezettel änderte. Wenn wir die Frühe Neuzeit als Epoche betrachten, richtet sich der Blick auf fundamentale Prozesse wie die Ausformung des Staats, die Entstehung der Konfessionen, die europäische Expansion und ihre Folgen, die Vervielfachung der Kommunikationsmöglichkeiten und den gesellschaftlichen Wandel. Zu fragen ist dabei aber auch, wie die Menschen lebten und arbeiteten, wie sie dachten, was sie glaubten und was sie fühlten, wie sich das Verhältnis zwischen Mann und Frau sowie den Großen und den Kleinen gestaltete. Die Übung legt den Schwerpunkt auf Vorgänge, Entwicklungen und Formationen, deren Bedeutung über die Epoche hinausweisen. Ziel ist, dass wir uns über vorlesungsartige Beiträge und gemeinsame Lektüre einen Überblick über die Epoche der Frühen Neuzeit erarbeiten. |
- Dozentin: Susanne Friedrich
- Teacher: Maria Weber
Kernbestandteil des Historischen Arbeitens liegt darin, Quellen zu lesen, sie zu verstehen und für eine eigene, übergeordnete Fragestellung nutzbar zu machen. Quellentexte aus der Vormoderne aber sind oftmals sperrig, sprachlich herausfordernd (Frühneuhochdeutsch) und schwer zu verstehen. In dieser Übung wenden wir uns diesen Problematiken zu und werden anhand unterschiedlicher Methoden (Geschichte, Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft) kennenlernen, mit diesen Quellen umzugehen und sie für das eigene Studium in angemessenem Zeitaufwand nutzbar zu machen. Methoden, die in allen Teilbereichen der Geschichtswissenschaft Anwendung finden können.
Das Seminar besteht aus online stattfindenden synchronen Arbeits- und Diskussionssitzungen sowie aus asynchronen, individuellen Arbeitsphasen.
- Teacher: Maria Weber
Nicht erst seit soziale Medien unseren Alltag begleiten, ist Aufmerksamkeit für viele Menschen eine wichtige und umkämpfte Ressource geworden. Müssen wir uns unsicher fühlen, wenn wir beobachtet werden? Oder kann das auch bedeuten, dass wir dadurch beschützt werden? Ist es legitim, wenn man aufgefordert wird, einen Mitmenschen bei der Polizei zu denunzieren? Warum fühle ich mich unsicher, wenn mich Leute anstarren? Verhalte ich mich dann falsch? Und kann ich das verhindern, wenn ich mein Verhalten ändere? Der History Club lädt dazu ein, diese und viele andere Fragen in verschiedenen Themensitzungen zu besprechen. Vor allem aber wollen wir zeigen, wie man dies historisch und aus der Perspektive anderer Disziplinen, darunter die Rechts- und Kriminalwissenschaften, die Ethnologie und Filmwissenschaft, erforschen kann. Deshalb kooperiert der History Club mit dem Sonderforschungsbereich „Vigilanzkulturen“ der LMU München. Dort wird seit 2019 erforscht, welche Formen der Politisierung von Aufmerksamkeit es gibt, wo sie historisch herkommen, wie sie sich verändern und wie sie bewertbar sind.
- Dozent: Denise Bolton
- Dozent: Arndt Brendecke
- Dozent: Susanne Friedrich
- Dozent: Benjamin Steiner
Wer hat noch nichts von den 'zwei Körpern des Königs' oder von den heilenden Händen der französischen Könige gehört? Bis heute prägt eine Reihe von Klassikern der Kulturgeschichtsschreibung unser Bild von den Zusammenhängen zwischen Ritualen, politischer und sozialer Ordnungen sowie moderner Kultur. Im Lektürekurs widmen wir uns jenen nach 1918 entstandenen Arbeiten, die das Feld epocheübergreifend und interdisziplinär zwischen Historiographie, Ethnologie und Anthropologie wandelnd vermessen und dabei die Maßstäbe für alle folgende Forschung gesetzt haben. Im Zentrum stehen die Texte von James Frazer, Marc Bloch, Ernst Kantorowicz, Percy Ernst Schramm, Norbert Elias und Mary Douglas. Der Kurs besteht aus drei Sitzungen, je einer zu Beginn, zur Mitte und zum Ende des Semesters.
- Dozent: Benjamin Steiner
Welcher Körper galt früher als schön? Wie roch, schmeckte oder sah man seine Umwelt? Fühlte man anders als heute? Das sind nur einige Fragen, die Historiker*innen in den letzten Jahren intensiver erforschen, wenn sie sich mit ‚dem Menschen‘ der Frühen Neuzeit befassen. Aufgrund ihres Quellenreichtums bildet diese Epoche dabei ein besonders fruchtbares Untersuchungsfeld – und wirkt dabei oft sehr fremd. Nicht nur die Lebensbedingungen waren andere als die unserer Gegenwart. Auch die Erwartungen und Gewohnheiten, die man hinsichtlich körperlicher Empfindungen hatte, unterlagen ganz selbstverständlichen, aber heute kaum noch bekannten sozialen, religiösen und kulturellen Bedingungen. Anhand aktueller Literatur wird das Seminar die Facetten der neueren Körper-, Sinnes- und Emotionsgeschichte vorstellen und gemeinsam diskutieren.
- Dozent: Benjamin Steiner
„Ich bitte Sie, sich nicht gehen zu lassen und zu vernachlässigen“. Diese Worte richtete Kaiserin Maria Theresia an ihre Tochter Marie Antoinette, der Gattin des dann zukünftigen und letzten Königs von Frankreich. Aus ihnen spricht die Bedeutung des körperlichen Aussehens und Verhaltens, das unter ständiger Beobachtung und Kontrolle der höfischen Gesellschaft stand. Scheinbar oberflächliche Vorverurteilungen des individuellen Erscheinens konnten somit als gezielte politische Instrumente benutzt werden und ergaben in ihrer Interaktion ein komplexes Machtspiel. Eine weitere Leitfrage der Veranstaltung ist, inwiefern das moderne Körperbewusstsein in diese Epoche geprägt wurde und wie es weiter traditionellen Vorstellungen des Körpers verpflichtet blieb. Diese Übung nimmt sich vor, anhand der Lektüre von Primärtexten den Umgang und die Wahrnehmung des Körperlichen in der höfischen Welt der Frühen Neuzeit erfahrbar zu machen.
- Dozent: Benjamin Steiner
Im Jahr 1521 verfasste Heinrich VIII., König von England seit 1509, eine eigenhändige Widerlegung der Thesen Martin Luthers als Verteidigung katholischer Glaubensprinzipien; noch Ende der 1520er Jahre wurden Reformatoren in England als Häretiker verbrannt. Wenig später, seit Beginn der 1530er Jahre, wurden gegen teils bewaffneten Widerstand der Bevölkerung reformatorische Glaubensprinzipien von der Krone durchgesetzt. Innerhalb weniger Jahre waren es nunmehr katholische Prediger, die auf dem Scheiterhaufen landeten.
Die englische Reformation war ein europäischer Ausnahmefall: Anders als in weiten Teilen Europas wurde sie "von oben" durchgesetzt und entsprang stärker als anderswo politischen Erwägungen. Auch ihr Verlauf ist komplizierter: Unter Heinrichs Nachfolger Edward VI wurde die in vieler Hinsicht lauwarme Reformation Heinrichs verschärft, um kurz darauf unter Mary I vollständig zurückgenommen zu werden. Erst unter Elisabeth I etablierte sich ein fragiles Gleichgewicht, das in Vielem hinter vergleichbaren Reformationsbewegungen in Europa zurückblieb.
Der Kurs widmet sich den Gründen und dem Verlauf der englischen Reformation von den Regierungsjahren Heinrichs VIII. bis Elisabeth I. Neben zentralen Ereignissen und Entwicklungen im kirchlichen und politischen Bereich stehen auch die sozialgeschichtlichen Auswirkungen der Bewegung im Fokus. Ein besonderes Augenmerk liegt zudem auf der internationalen Verflechtung englischer Reformentwicklungen auf Seiten der Krone (Dynastie, Diplomatie, etc.) und ihrer Akteure (individuelle Biographien, Exilgemeinden, etc.). Ein Ausblick widmet sich den langfristigen Konsequenzen der englischen Reformation für Großbritannien und das British Empire.
- Teacher: Hannes Ziegler
Wer setzte die Regeln vor Ort und wer achtete darauf, dass sie
umgesetzt wurden? Wie funktionierte die lokale Politik? Gab es
Unterschiede zwischen Stadt und Land? Diese Fragen sind für die Frühe
Neuzeit gar nicht so eindeutig zu beantworten – und manche der Antworten
sind letztlich gar überraschend. Herrschaft wurde in der Frühen Neuzeit
nicht nur auf einer Ebene ausgeübt: Sie reichte von der Gemeinde über
den Grundherrn zum Landesherrn und von dort ggf. bis zu den
Reichsinstitutionen. Gemeinden regulierten viele Fragen selbst,
Nachbarschaften übernahmen Selbstverwaltungsaufgaben und kontrollierten,
ob sich jeder an die Regeln hielt. Die Landesherren dagegen hatten
lange wenig Zugriffsmöglichkeiten, dennoch erließen sie Ordnungen und
sorgten sich um die 'Gute Policey'. Das Seminar wird sich mit
Organisationsformen von der Selbstverwaltung bis zur landesherrlichen
Verwaltung vor Ort befassen und dabei nicht nur die Grenzen
obrigkeitlicher Machtentfaltung ausloten, sondern auch die Vorstellungen
thematisieren, die die Untertanen von guter Ordnung hatten, und über
welche Möglichkeiten sie verfügten, diese einzubringen. Unter
Einbeziehung neuerer Forschungsliteratur, von Quellen und verschiedener
historiographischer Konzepte soll so ein differenziertes Bild der
politischen Kultur der Frühen Neuzeit erarbeitet werden.
- Dozentin: Susanne Friedrich
Natur- und Umweltkatastrophen – die Grafiken der Munich Re, einer weltweit agierenden Müncher Versicherungsgesellschaft unserer Tage, scheinen eine eindeutige Tendenz zu belegen, Katastrophen werden beziffert und bewertet, der öffentliche Diskurs der letzten Jahre ist geprägt von climate change und global warming, von Gletscherschmelze und arctic ice minimum, von extremen Naturereignissen, die der Mensch teilweise selbst zu verantworten hat.
Natur- und Umweltkatastrophen sind verstärkt Teil unseres Lebensalltages. Wie aber gingen die Menschen in der Vormoderne mit derartigen Ereignissen um? Welche Natur- und Umweltkatastrophen lassen sich fassen? Wer berichtete wie darüber? Welche Maßnahmen zur Absicherung wurden getroffen, und spielten Risiko- und Zukunftsplanung eine Rolle, wie es u.a. durch die Munich Re heutzutage vorgenommen wird?
Diese und weitere Fragen werden in diesem Kurs an ausgewählten Beispielen thematisiert, die Quellen hierzu gelesen und kontextualisiert. Kleine Eiszeit und climate change, Hochwasser und Dürre, Erdbeben und Plagen sind nur einige Aspekte von vielen anderen, die wir uns für die Vormoderne näher anschauen werden!
- Teacher: Maria Weber
Der Münsteraner Sonderforschungsbereich 231 "Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit" hat enormes, nicht nur für die Mittelalterliche Geschichte, geleistet: pragmatische, also zielgerichtet entstandene Schriftlichkeit im Verwaltungskontext wurde aus theoretischer, methodischer und analysierender Perspektive zum "Instrumentarium zweckgerichteter menschlicher Lebenspraxis" erhoben, zum Kristallisationspunkt, anhand dessen sich Vergangenheit auf unterschiedlichste Weise, in unterschiedlichsten Kontexten erforschen lässt.
Listen und Inventare sind Teil des pragmatischen Schrifguts und gewähren uns vielfach Einblicke in den lebenweltlichen Mikrokosmos, der oftmals hinter den 'großen Meistererzählungen' verschwindet. Anhand der Inventare zu vertriebenen Anhängern Thomas Müntzers aus Mühlhausen sollen
1. grundlegende paläographische Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden
2. die Inventare anhand von squirrel transkribiert und digital aufbereitet werden
3. die Inventare und Listen in das Forschungsfeld der pragmatischen Schriftlichkeit integriert werden; die aufgelisteten Gegenstände und Objekte verortet, Muster und Ähnlichkeiten herausgearbeitet und in den Kontext der Mühlhausener Unruhen 1525 gesetzt werden.
Das Seminar erarbeitet dies in Kooperation mit dem Stadtarchiv Mühlhausen (Thüringen). Frau Dr. Antje Schloms, Mitarbeiterin im Stadtarchiv Mühlhausen, wird uns als Expertin den Bestand und seine Überlieferungsgeschichte erläutern.
Lehrform: Online
Prüfungsformen im BA und mod. LA: RE
- Teacher: Maria Weber
Konversionen sind ein Grundphänomen, das mit zahlreichen Aspekten der frühneuzeitlichen Gesellschaft verbunden ist (wie die Konkurrenz der Konfessionen, die politische Ordnung, der Umgang mit Migranten und Minderheiten, der Einsatz von Medien oder die Beziehung der Geschlechter).
Das Ziel des Seminars ist es, andhand von Quellenbeispielen und Sekundärtexten einen Überblick über die große Vielfalt frühneuzeitlicher Konversionspraktiken zu gewinnen. Welche Rolle spielten in Konversionen Glaubensüberzeugungen und opportunistisches Verhalten, der obrigkeitliche Zwang und die gesellschaftlichen Erwartungen? Die ausgewählten Beispiele umfassen Fürstenkonversionen, Konversionen von Klerikern und Universitätsprofessoren, die sich in das Territorium des konfessionellen Rivalen absetzten, Zwangskonversionen von Kriegsgefangenen oder anderer Minderheiten (z.B. „Türkentaufen“, „Judentaufen“) bishin zu Mehrfach-Konversionen und vorgetäuschten Konversionen.
Prüfungsformen im BA und LA (Studienbeginn bis SOSE 2020): Angaben folgen
Achtung NEU!
Prüfungsformen im BA und LA (Studienbeginn ab WISE 2020/21): RE + HA
Prüfungsform im Didaktikfach - Mittelschule und Sonderpädagogik (Studienbeginn ab WISE 2015/16): RE + HA
- Teacher: Stefano Saracino
Seit ihren Anfängen charakterisiert die moderne Geschichtswissenschaft die Reformation als ein Schlüsselmoment der europäischen Geschichte. Herrschaft, Politik, Religion und Alltag, ja die Gesellschaftsstrukturen selbst scheinen sich im Zuge der Reformation zu verändern. Als common sense gilt: Die Reformation als Prozess schuf Neues, polarisierte, beseitigte, konkurrierte, trennte und verband, wurde angeeignet, umgedeutet, eingebettet. Zentrales Anliegen des Seminars ist es, aus der Perspektive von Ost- und Westeuropäischer Geschichtsforschung diese Prozesse zu untersuchen. Wie die Gesellschaften Europas mit verschiedenen Formen und Medialitäten von Reformation sowie ihre Folgen beeinflusst wurden und wie sich die Meisternarrative dadurch hinterfragen lassen, ist ein weiteres Ziel des Seminars. Dabei werden wir auf Differenzen, aber vor allem auch Verflechtungen stoßen, die uns helfen, das Denken und Forschen in Fachgrenzen zu überwinden, gemeinsam zu diskutieren und 'über den Tellerrand' der westeuropäisch/osteuropäisch konstruierten Zugriffe hinauszuschauen.
Das Seminar lädt alle Studierende zur Teilnahmen ein, die sich für Ost- und/oder Westeuropageschichte der Vormoderne sowie/oder für Fragen der Geschichtstheorie und Methoden historischer Forschung interessieren.
Seminarform: online (synchron und asynchron)
Prüfungsformen im BA und LA (Studienbeginn bis SOSE 2020):
Achtung NEU!
Prüfungsformen im BA und LA (Studienbeginn ab WISE 2020/21): RE + HA
Prüfungsform im Didaktikfach - Mittelschule und Sonderpädagogik (Studienbeginn ab WISE 2015/16): RE + HA
- Teacher: Iryna Klymenko
- Teacher: Maria Weber
Die Staatsbildung ist eines der ältesten
Themen der Geschichtsforschung überhaupt. Was sollte man dazu noch Neues
sagen können? Eine ganze Menge! Jüngere Forschungsansätze und –fragen
verändern auch den Blick auf 'alte' Themen und stellen sicher geglaubte
Erklärungen in Frage. So macht der globalhistorische Ansatz das
spezifisch europäische der Staatsbildung sichtbar, aber auch das, was so
einzigartig gar nicht ist. Welchen Einfluss hatten die Kolonien auf den
sich entwickelnden Staat? Durch die Erforschung der frühneuzeitlichen
Expansionen tauchen zudem Akteure auf, mit denen man bislang in der
Geschichte der Staatsbildung nicht rechnete – Handelskompanien zum
Beispiel. Waren sie Helfer oder als company-states Konkurrenten
der entstehenden Staatsgewalt? Welche Rolle spielten die Untertanen?
Eine größere als erwartet, denn Staatsbildung wird seit einigen Jahren
nicht mehr nur als top-down, sondern auch als bottom-up Prozess
verstanden. Kulturhistorische und praxeologische Ansätze rückten die
Rolle der Verwaltung und ihrer Beschäftigten in ein neues Licht. Kurz:
nach neueren Forschungen wird der Staat gemacht – und nicht
gebildet. Die Übung wird sich durch die Lektüre neuerer
Forschungsliteratur mit diesen Ansätzen auseinandersetzen, sie mit den
Klassikern zur Staatsbildung konfrontieren und dabei beide diskutieren.
- Dozentin: Susanne Friedrich
"Wasser (H2O) ist eine chemische
Verbindung aus […] Sauerstoff (O) und Wasserstoff (H)." (Wikipedia, Art.
'Wasser'). So trocken kann man das nasse Element beschreiben. Die Übung
setzt anders an, denn sie fragt nach der Bedeutung, die Wasser für die
Menschen der Frühen Neuzeit hatte und danach, wie sie mit ihm umgingen.
Es war Lebensgrundlage und lebensbedrohlich zugleich. Eine ausreichende
Wasserversorgung war zentral für das Überleben von Mensch und Vieh sowie
das Gedeihen der Ernte. Seen und Flüsse bereicherten den Speisezettel
mit Fischen und Krebsen. Obrigkeiten und Gemeinden sorgen sich daher
früh um die Reinhaltung von Wasser und die Zuteilung von Rechten am
Wasser und seinen Bewohnern. Städte und Fürsten wetteiferten darum, eine
gute Wasserversorgung zu gewährleisten, und nutzten Wasser in
kunstvoller Fassung zur Selbstdarstellung. Ausgeklügelte Be- und
Entwässerungssysteme prägten Landschaften und Gesellschaften. Auf dem
Wasser wurden Güter transportiert und die Wasserkraft bildete eine
wichtige Energiequelle für das Handwerk. Das Wasser hatte jedoch immer
auch eine bedrohliche Seite. Überschwemmungen ruinierten
Lebensgrundlagen, mäandrierende Flüsse bedrohten das Eigentum, brechende
Deiche sorgten für Katastrophen. Wasserbauten manipulierten den Lauf
des Wassers so nicht nur, sie sollten es auch zähmen. Die Übung will
sich diesen Themenfeldern durch die Lektüre und Diskussion von
einschlägigen Literaturtiteln und Quellen nähern. Die Bereitschaft, sich
mit frühneuzeitlichen Handschriften auseinanderzusetzen ist erwünscht.
- Dozentin: Susanne Friedrich
Fake News und Shitstorms, der Tod des gedruckten Wortes und das Ende des kritischen Journalismus – dies sind nur einige der Schlagworte, die in Diskussionen um die digitale Medienrevolution unserer Gegenwart immer wieder auftauchen. Dabei wird die historische Tiefendimension des Themas oft übersehen. „Kommunikationsrevolutionen“ sind in der Geschichte nichts Neues, sie werden mit schöner Regelmäßigkeit und oftmals zweifelhafter Begründung ausgerufen. Und persönliche Schmähung in Druckwerken jeglicher Art, falsche bzw. irreführende Berichterstattung oder Klagen über das Verschwinden traditioneller Medien kennt die Epoche der Frühen Neuzeit zur Genüge.
Die Übung wird die Mediengeschichte vom 15. Jahrhundert bis zur Umbruchszeit um 1800 auf solche Ähnlichkeiten befragen, aber auch die spezifischen Unterschiede zwischen heute und damals herausarbeiten. Anhand einer Reihe von Fallstudien möchte sie zunächst einen Überblick über die zentralen Medientypen der Zeit, von Flugblatt und Kalender bis zu Zeitung und Zeitschrift, geben und in zentrale Forschungsdebatten der letzten Jahrzehnte, z.B. um Manuskriptkultur und Buchdruck, Mündlichkeit und Schriftlichkeit oder Öffentlichkeit und Geheimnis, einführen. Daneben wollen wir aber auch Fragen stellen, die jüngste Ansätze der Forschung aufgreifen: Gab es in der Frühen Neuzeit Werbung und Marketing? Wieso wurden um 1700 Zeitungen noch handschriftlich vervielfältigt, obwohl es schon eine gedruckte Presse gab? Was verbirgt sich hinter dem Begriff Invektivität?
Die Übung wird nicht bei theoretischer Diskussion stehen bleiben, sondern auch praktischen Anschauungsunterricht bieten. Die beiden Sitzungen am 19. Juni und 3. Juli werden in der Abt. Alte Drucke der Universitätsbibliothek stattfinden. Dort haben wir Gelegenheit, mit Originalen zu arbeiten und unsere Erkenntnisse am Objekt zu überprüfen.
- Lehrender: Michael Schaich
- Lehrender: Esteban Mauerer
"Wenn du am morgen leicht aufwachst, weißt du, dass du gut geschlafen hast. (...)" Mit Sätzen wie diesem leitet IKEA seinen Ratgeber zum "perfekten Schlaf" ein, um - im Mantel des Informierens und - anhand von Schwerpunkten wie Gesundheit, Belastbarkeit und Intelligenz (!) Themen der angemessenen Schlafenszeit oder eines perfekten "Schlafklimas" darzulegen und eigene Produkte hierfür anzubieten.
Nicht nur IKEA: Die Werbung ist voll von Angeboten für den guten Schlaf bzw. gegen Schlaflosigkeit. Ja, auch Ernst Adalbert von Harrach, seines Zeichens Kardinal in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, zeigte sich in seinem Tagebuch erfreut darüber "wohl geschlafen" zu haben - gleichzeitig aber zu tiefst betrübt "2 Nacht wenig geschlafen" zu haben.
Diese Ambivalenz und scheinbare Konstante des menschlichen Lebens möchte die Übung thematisieren. Anhand verschiedener Forschungsfelder (Medizingeschichte, Bildwissenschaften, Theologie, Literaturwissenschaft usw.) sollen Zugänge zum Forschungsthema "Schlaflosigkeit" entwickelt werden. Wer darf schlafen, wer muss wachen? Was führt zu Schlaflosigkeit, wie wird darüber gesprochen und wie lässt sich Schlaflosigkeit erforschen?
Achtung, Covid-19! Die Übung wird kontaktfrei über einen Moodlekurs stattfinden, der die Bereitstellung von Materialien und die asynchrone Diskussion von Inhalten ermöglicht. Zentrale Ausgangspunkte der Erarbeitung dieses Forschungsfeldes bilden medizingeschichtliche, kunstgeschichtliche, theologische und literaturgeschichtliche Studien, die sich dem Phänomen Schlaf in der Frühen Neuzeit widmen. In einer Kombination aus eigenverantwortlicher und angeleiteter Erarbeitung von Themenschwerpunkten sowie Quellen- und Literaturlektüre soll das Forschungsfeld systematisch erschlossen werden. Der Austausch wird über Online-Konferenzen (Zoom), Moodle und E-Mail stattfinden.Ziel des Kurses ist die strukturierte Zusammenstellung möglicher Zugänge zur Erforschung von Schlaf und Schlaflosigkeit und der im Seminar erarbeiteten ersten Forschungserkenntnisse über diese Phänomene.
Die Ausgestaltung der Online-Konferenzsitzungen sowie der konkrete Aufbau des Seminars wird in der ersten Sitzung besprochen und bekannt gegeben (20.4., 14 Uhr s.t.).
Bitte machen Sie sich rechtzeitig mit beiden Plattformen (Moodle und Zoom) vertraut und beachten Sie Informationen per Mail.
- Teacher: Maria Weber
Achtung. Die Sitzungen werden voraussichtlich online durchgeführt. Viele Vortragende haben bereits angekündigt, sich über Zoom zuzuschalten und so ihren Vortrag zu halten. Es besteht die Möglichkeit, den Vortrag vorab aufzuzeichnen und zur Verfügung zu stellen, sodass nur die Diskussion live per Zoom stattfinden würde. Materialien zur Sitzung (papers) sollen vorab zur Verfügung gestellt werden.
- Lehrender: Denise Bolton
- Lehrender: Arndt Brendecke
Sie findet online per Zoom-Meeting statt am Mittwoch, den 22. April, 10-11 Uhr. Sobald mir ihre Email-Adressen vorliegen, kann ich Sie zu dieser Sitzung einladen.
Prüfungsform: Gemeinsames online-Abschlussgespräch
- Lehrender: Denise Bolton
- Lehrender: Arndt Brendecke
Die Übung dient dazu, Masterstudierende mit den spezifischen Theoriedebatten und neueren thematischen Entwicklungen der Frühneuzeitforschung vertraut zu machen. Dazu werden ältere Leitbegriffe (wie: Absolutismus, Sozialdisziplinierung, Staatsbildung, Ständegesellschaft, Konfessionalisierung) kurz vorgestellt und diskutiert. Wichtiger ist es aber insbesondere, sich mit jüngeren Interpretationsangeboten (wie: Selbstzeugnisforschung, Körpergeschichte, Klimageschichte, Praxeologie, Mikrogeschichte, Globalgeschichte, Wissensgeschichte, Ritualforschung) sowie deren jeweiligen methodologischen Voraussetzungen auseinanderzusetzen, die oft auf ältere Texte und Autoren (Elias, Foucault, Ginzburg usw.) zurückverweisen. Daher sollen sich Referatsinputs, Lektüren und Diskussionen die Waage halten. Es gilt auch, Spezifika der Epoche (den Grad ihrer Alterität, andere Grunderfahrungen, andere Konzepte des Selbst und der Gesellschaft) zu diskutieren.
Achtung:
Die Sitzungen werden voraussichtlich online durchgeführt, wobei es
synchrone und asynchrone Übungsteile gibt. Die synchronen Übungsteile
werden über Zoom durchgeführt.
Prüfungsform: Referat
- Lehrender: Denise Bolton
- Lehrender: Arndt Brendecke
Die Epoche zwischen 1500 und 1800 wurde vielfach als eine Epoche der Kriege und militärischer Konflikte gekennzeichnet. Das Seminar möchte aus einer sozialgeschichtlichen Mikroperspektive heraus diese Kennzeichnung nutzen und danach fragen, welche Mechanismen hinter der Regulierung von sozialen Konflikten standen, welche Handlungsoptionen den Menschen zur Verfügung standen, um sich ihr Recht zu erkämpfen bzw. Konflikte zu kanalsieren und zu befrieden. Welche Rolle spielten dabei Aushandlungsprozesse, Gerichte, der Kaiser, die Obrigkeiten, die Kommune? Welche Folgen hatte die Gefangennahme? Ging sie einher mit dem Verlust der sozialen Auffangnetze? Welche Entwicklungen lassen sich feststellen?
Achtung, Covid-19! Die Übung wird kontaktfrei über einen Moodlekurs stattfinden, der die Bereitstellung von Materialien und die asynchrone Diskussion von Inhalten ermöglicht. Darüber hinaus wird das Seminarthema, aufgeteilt in fünf Schwerpunkten, die in der ersten Online-Konferenzsitzung (Zoom) am 21.04 um 13 Uhr s.t. bekannt gegeben werden, in eigenverantwortlichen Expertengruppen bearbeitet. Über Moodle, Zoom und E-Mail wird der regelmäßige inhaltliche Austausch der Gruppen und aller SeminarteilnehmerInnen sichergestellt. Die Erarbeitung der Themenfelder wird sich auf die online verfügbare Forschungsliteratur und Quellen beschränken. Die konkrete Ausgestaltung der Online-Konferenzsitzungen wird in der ersten Sitzung besprochen und bekannt gegeben.
Bitte machen Sie sich rechtzeitig mit beiden Plattformen (Moodle und Zoom) vertraut und beachten Sie Informationen per Mail.
- Teacher: Maria Weber
Die frühneuzeitliche europäische Expansion nach Asien wurde von ‚long-distance corporations‘ getragen. Neben den entstehenden Staaten waren dies vor allem die großen privatwirtschaftlich finanzierten Handelskompanien. Wie aber lassen sich diese mit Souveränitätsrechten ausgestattete Aktiengesellschaften konzeptionell fassen? Die größten unter ihnen, die englische East India Company und die niederländische Vereenigde Oostindische Compagnie, kombinierten Handel und Kolonialherrschaft. Ihre Repräsentanten traten je nach lokalem Kontext entweder als einfache Händler oder als selbstbewusste Herrschende auf. In der Forschungsliteratur erscheinen die Kompanien jedoch so unbeschreiblich wie unvergleichlich: mal werden sie als ‚quasi-staatliche Mächte‘, dann als ‚Wirtschaftsgiganten‘ bezeichnet, hier sind sie der verlängerte Arm ihrer Heimatländer, dort ‚Staaten im Staat‘, mal Element eines ‚federal-brokerage state‘, mal selbst ‚Company-states‘. Das Seminar wird sich mit den jüngst verstärkt geführten Diskussionen um die adäquate Beschreibung der beiden Kompanien auseinandersetzten. Diese selbst werden dabei vergleichend und aus wirtschaftshistorischer, politischer, organisatorischer und institutioneller Perspektive unter die Lupe genommen.
- Lehrende: Susanne Friedrich
Wer ist zuständig, wenn die Straßen voller Löcher sind
oder der Bach zugewachsen ist, und wer verhindert, dass die Kühe des größten
Bauern alles Gras auf der gemeinschaftlich genutzten Weide abfressen? Diese
Fragen stellen sich umso mehr in einer Zeit, in der der Staat solche Aufgaben kaum
übernahm und die Gemeinden über Fluren und Rechte verfügten, die es gemeinschaftlich
zu verwalten galt. Die Übung wird sich mit den von Selbstverwaltung bis zu
herrschaftlicher Verwaltung reichenden Organisationsformen auf der lokalen und
regionalen Ebene auseinandersetzen, und dabei fragen, wie sich im Alltag
Probleme und Aufgaben lösen ließen, die die Kooperation mit den Nachbarn
erforderten. Wie aber veränderten sich sowohl die Probleme als auch ihre
Lösungen, als Medien und Obrigkeiten neue Wirtschaftsformen propagierten, und
sich ein verändertes Verständnis vom ökonomisch ‚richtigen‘ Umgang mit
natürlichen Ressourcen ausprägte?
- Lehrende: Susanne Friedrich